Aus der Begegnung von Ost und West, dem hinduistischen Erfahrungswissen mit dem christlichem Glauben, ist ein neuer Yoga-Weg entstanden. Dieser christliche Yoga bleibt weder beim rein Körperlichen stehen, noch geht er eine beliebige Mischung mit den Glaubensrichtungen der Hindus ein. Vielmehr bietet er Christen eine Hilfe, ihren Glauben ganzheitlich, mit Leib und Seele, zu leben und dabei vergessene Dimensionen zu entdecken.

Neben reinen Yoga-Kursen biete ich Yoga als unterstützendes Element im Rahmen von Exerzitien und auch in Verbindung mit liturgischem Tanz an. Die Zielrichtung des christlichen Yoga kommt in der Verbindung mit liturgischem Tanz in besonders gelungener Weise zur Entfaltung: Der Körper als Ausdruck für die Freude am Glauben, am Lobpreis Gottes.

Termine

Siehe unter Veranstaltungen.
 

Theologische Klärung

Darf ich als Christ bedenkenlos Yoga praktizieren?

Jeder hat den Begriff Yoga schon einmal gehört, viele haben auch schon mal etwas darüber gelesen oder einen Kurs besucht. Sehr selten allerdings wird die Frage beantwortet, ob ich bedenkenlos Yoga praktizieren kann, ohne damit auch Teile der hinduistischen Weltanschauung zu übernehmen. Ist es möglich, ganz aus meiner christlichen Glaubensüberzeugung zu leben und zugleich Yoga zu üben? Weil sich hinter dem Wort Yoga sehr Unterschiedliches verbergen kann, möchte ich die Frage etwas präzisieren:

Kann Yoga christlich sein? Berühren sich hier nicht zwei Religionen, so unterschiedlich, wie sie kaum unterschiedlicher sein könnten?

Wer einmal die Gelegenheit hat, nach Indien zu reisen, in das Land, wo der Hinduismus seinen Ursprung hat, der wird bestätigen können, wie sehr das religiöse Leben der Hindus, mit seinen vielfältigen Ausdrucksformen, Riten und Gesängen sich unterscheidet von der religiösen Praxis eines Christen.

Auch wer ein wenig tiefer schaut, hinter die äußeren Formen und nach der Theologie, dem Mensch-, Welt- und Gottesbild im Hinduismus fragt, wird kaum Gemeinsamkeiten entdecken können, außer vielleicht der grundlegenden Sehnsucht des Menschen nach Heil. Aber die Wege sind grundverschieden.

Und doch gibt es eine sehr simple, fast banale Gemeinsamkeit zwischen Hindus und Christen: Egal welcher Glaubensüberzeugung man ist, jeder Gläubige besitzt einen Körper, ist begabt mit einem Geist, dem Intellekt und kennt seelische Vorgänge, die sich in ihm abspielen. Diese Grundgegebenheit von Körper, Seele und Geist ist allen Menschen gemeinsam. Diese Dimensionen des menschlichen Daseins kann ich beobachten, mit ihnen experimentieren und sie schließlich beschreiben und interpretieren. Sobald die Interpretation beginnt, trennen sich die Wege von Hinduismus und Christentum.

Einheit von Leib und Seele

Ein christlicher Yoga, wie ich ihn verstehe, schaut daher vor allem auf den Erfahrungsreichtum, den Hindus im Laufe ihrer Jahrtausende alten Geschichte mit dem menschlichen Körper gemacht haben. Da gibt es unzählige Übungen und die Beschreibung Ihrer Wirkung sowohl auf die Verfasstheit des Körper als auch auf die seelische Befindlichkeit des Menschen. Eine eigene Medizin wurde entwickelt, wie man mit Hilfe von Yoga-Übungen die verschiedensten Krankheiten heilen kann. Diesen Reichtum betrachte ich mit Staunen und Hochachtung, wobei ich die Deutung der Wirkungen des Yoga aus meiner christlichen Überzeugung vornehme.

Konkret: Für mich als Christ ist der Körper ein besonderes Geschenk Gottes, in dem der Heilige Geist, der göttliche Funke lebt. Der Körper ist ein Gefäß des Heiligen Geistes. Der Köper ist also nicht ein Gefängnis für die Seele, aus dem ich mich durch jahrelange Yogapraxis zu befreien suche, sondern der Körper ermöglicht es meiner Seele sich einen Ausdruck zu verschaffen. Was das bedeutet, wird schon deutlich, wenn man das Experiment macht, rein seelisch, also ohne den eigenen Körper zu lachen und seiner Freude Ausdruck zu verleihen.

Es ist schlicht und einfach nicht möglich. Ich brauche den Körper, um den seelischen Vorgang der Freude im Lachen zu entfalten. Umgekehrt, weiß heute jeder, dass Lachen gesund ist. Also auch der seelische Vorgang tut dem Körper gut. Korrekterweise kann man eigentlich gar nicht von dem rein seelischen oder rein körperlichen Vorgang des Lachens sprechen, weil beides miteinander verbunden ist, sich gegenseitig bedingt und ermöglicht.
Diesen Zusammenhang kann ich bei jeder Yoga-Übung beobachten und bewusst entfalten.

Es ist daher gar nicht nötig, das vielfältige und auch in sich unterschiedliche Gedankengebäude des Hinduismus zu übernehmen, um von der reichen Körper-Seele-Erfahrung zu profitieren, sondern ich kann die Glaubensüberzeugung des Hindus stehen lassen, ohne sie zu beurteilen, und ganz in meiner christlichen Welt stehend die Übungen entdecken und ihren Reichtum aus christlicher Sicht beschreiben.

Thomas von Aquin

Was ich am Beispiel des Lachens in sehr einfacher Weise beschrieben habe, das durchdringt Thomas von Aquin mit seinem tiefgründigen theologischen Denken folgendermaßen:

Die Seele ist die den Leib prägende Wirklichkeit. So bildet der Mensch eine Einheit von Leib und Seele. Der Mensch ist als ganzer seelisch und als ganzer leiblich. Alle Seinswirklichkeit des Leibes ist zugleich Wirklichkeit der Seele. Ihr Selbstvollzug wirkt notwendig in das Medium reiner Materialität ein, in welcher sie ihren adäquaten Ausdruck findet. Der Leib ist der materielle Aspekt der Seele. So wird der Leib nicht abgewertet, sondern er ermöglicht es der Seele überhaupt erst, ins Dasein zu treten. Darin liegt sein Sinn, seine Seinsbestimmung. Leib und Seele sind so strukturiert, dass der Leib nicht Gefängnis der Seele ist, sondern dass der Mensch, wie Thomas es sagt, nur auf dem Weg über seinen Leib die Wahrheit finden und das Gute lieben kann. Der Leib ist aber nicht nur Leib, um Geist zu werden, sondern er muss zugleich immer mehr Leib werden, um vollendeter menschlicher Geist zu sein. Die Seele ist nur wirklich als Leib, als sie diesen prägt und so den menschlichen Geist vollendet.

Schließlich realisiert sich gerade in der Leiblichkeit des Menschen seine soziale und geschichtliche Dimension. Der Leib eines Menschen bildet sozusagen die individuelle Begrenztheit gegenüber dem anderen, durch die der andere diesem Menschen begegnen kann. Der menschliche Leib ist in diesem Sinn Ort der Gemeinschaft und Ermöglichung der Begegnung. Thomas spricht von der Verleiblichung der Gnade als einem wesentlichen Element der Erlösung, womit der Gegensatz zum Bild des Leibes als Kerker der Seele unmittelbar deutlich wird.

Christlicher Yoga greift also den Erfahrungsschatz konkreter Körperübungen aus dem Hinduismus auf und betrachtet sie im Licht der christlichen Auffassung des Menschen als Einheit von Leib und Seele.

Markus Thomm, Newsletter Junges Schönstatt, 12.2007, 17f.

 

Schüler Indien